So kurz vor Weihnachten rückt wieder ein viel zu wenig beachtetes Thema stärker in den Vordergrund - die Reverse Logistic, oder zu deutsch Rückführungslogistik. Gemeint sind Rücklieferungen von Online- oder Katalogbestellungen, die traditionell in der Weihnachtszeit dramatisch zunehmen. Nicht umsonst muss die Deutsche Post aktuell fast das doppelte Paketaufkommen stemmen, um alle Lieferungen zeitgerecht an den Verbraucher zu bringen. In einigen Produktsegmenten wie Textilien haben Rücklieferungen einen Anteil von 70 Prozent - eine schier unglaublich hohe Zahl. Doch hält man sich das Bestellverhalten mancher Kunden vor Augen, wundert man sich über die Paketflut nicht mehr sonderlich.
Der größte Elektroschrottplatz der Welt liegt in Ghana |
Gefällt ein Kleidungsstück im Katalog oder im Onlineshop, wird nicht die richtige Größe, sondern zur Absicherung gleich mal alle Größen von S bis XL bestellt. Kommt das Paket beim Kunden an, wird die richtige Größe behalten, der Rest wird zurückgesendet. Natürlich versandkostenfrei, schließlich ist der Kunde König. Alles wird gut. Nun gut, könnte man sagen, auch das schafft Arbeitsplätze. Verschwendet aber gleichzeitig Ressourcen, und damit ist nicht nur der Sprit im Motor des Transporters gemeint. Zeit, Kapazität, Verfügbarkeit - und das bei einer Wertschöpfung von Null. Müsste der Verbraucher dafür zahlen, was er indirekt sicher tut, leider unbewusst, würde er sich wohl vorher überlegen wie viele Onlinebestellungen er aufgibt. Retouren von Neuwaren sind, und hier spreche ich aus dem Blickwinkel eines Logistikers, pure Verschwendung.
Allerdings gibt es auch Retouren, die Sinn machen. Und zwar dann, wenn Sie dazu beitragen die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Hier geht es nicht um Neuware, sondern um gebrauchte Artikel. Handys, Kamerageräte oder die Waschmaschine. In all diesen Artikeln stecken wertvolle Rohstoffe, zumal zunehmende Rohstoffknappheit Industrie und Wirtschaft nach neuen Sourcing-Alternativen Ausschau halten lässt. Urban Mining ist hier das Schlagwort. Doch was passiert mit unseren alten Elektrogeräten, die vor zehn Jahren unter unserem Weihnachtsbaum lagen, und jetzt recycelt werden sollten? Häufig unternehmen Sie eine erstaunliche Reise - und zwar um die halbe Welt. Laut einer aktuellen Studie der StEP-Initiative - StEP steht für "Solving the E-Waste Problem" - fielen im vergangenen Jahr fast 50 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Im Durchschnitt sind das sieben Kilogramm pro Person, und 2017 wird es Schätzungen zufolge fast ein Drittel mehr sein. Allein die Deutschen erwerben jüngsten Zahlen zufolge Elektrogeräte mit einem Gewicht von 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Zeitgleich werden jedoch nur 640.000 Tonnen ordnungsgemäß recycelt.
Viel landet im Hausmüll, auf Schrottplätzen, oder illegal im Ausland, z.B. in Ghana. Dort liegt der weltweit größte Elektroschrottplatz der Welt. Ein Friedhof an Altgeräten, um den sich die Industrieländer nicht kümmern wollen, obwohl jeder Hersteller dazu verpflichtet ist, ausgemusterte Geräte zurückzunehmen. Die Materialflüsse der Reverse Logistic müssen also noch besser organisiert und gebündelt werden. Zumal bis zum Februar 2014 eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden muss, wonach bei gebrauchten Geräten, die die EU verlassen, deren Funktionsfähigkeit nachgewiesen werden muss. An jedem Computer und jeder Spielkonsole hängt also zukünftig ein DIN-A4-Blatt auf dem vermerkt ist: läuft noch. Oder das Gerät bleibt in Deutschland. Ich bin gespannt ob sich dann die Recyclingquote erhöht. Das wäre eine freudige Nachricht für die Kreislaufwirtschaft. Hier sollten nämlich noch weitere Arbeitsplätze entstehen, dann natürlich mit Wertschöpfung...
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