Vergangenen Sonntag schaffte es die deutsche Logistikbranche mal wieder in die Talkrunde bei Günther Jauch in der ARD. Unter anderem diskutierten der Wissenschaftler Ranga Yogeshwar und der Journalist Günter Wallraff in Jauchs Runde über die Entwicklungen des Onlinehandels. Thema der Sendung, ganz passend zur Vorweihnachtszeit, war die Frage nach dem Sinn oder Unsinn des Bestell-Wahns im Internet. Unfaire Löhne bei Amazon, Leiharbeitsverträge bei Logistikdienstleistern, exzessives Hin- und Herschicken der bestellten Artikel - die deutsche Logistikbranche wurde einmütig in ein schlechtes Licht gerückt. Letztendlich war der Onlinehandel auch noch schuld am Aussterben vieler Geschäfte in den Einkaufsstraßen deutscher Innenstädte... ich bin gespannt, welche Vorwürfe als nächstes auftauchen.
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| Die Amazon-Drohne: Bei Günther Jauch nur müde belächelt |
Zugegeben, es gibt Missstände in der Branche. Ich gebe der Diskussionsrunde vollkommen Recht, dass ein Paketbote bei vielen Logistikdienstleistern nicht seiner Leistung entsprechend bezahlt wird. Auf viele Spediteure wird immenser Druck ausgeübt, um den letzten Cent Transportkosten herauszuquetschen. Doch ist der Onlinehandel nicht der alleinige Verursacher dieser Marktsituation. Die gesamte Logistikbranche hat ein massives Preisproblem, da ihre Leistung nicht angemessen entlohnt wird. Wie sonst ist es nachzuvollziehen, dass etwa Fische in der Nordsee gefangen, in Marokko verarbeitet und schließlich im deutschen Einzelhandel als "fangfrisch" feilgeboten werden. Der Anteil der Logistikkosten am Endpreis eines Produktes beträgt durchschnittlich nicht einmal zehn Prozent, selbst wenn es um die halbe Welt transportiert wird. Isoliert betrachtet erscheinen viele Wertschöpfungs- und Logistikketten unsinnig. In unserer stark globalisierten Welt existiert jedoch vielmehr ein umfassendes Logistiknetzwerk, das die Ineffizienzen einzelner Wertschöpfungsketten wirkungsvoll konsolidiert. Auch der Onlinehandel trägt dazu bei.
Leider machten es sich die Gäste in Günther Jauchs Talkrunde mit ihrem vernichtenden Urteil über den Onlinehandel ziemlich einfach. Fakt ist, dass viele Entwicklungen in der Logistik unsere heutige Welt erst möglich gemacht haben. Jedem Einzelhändler steht heute über das Internet ein Vertriebskanal zur Verfügung, von dem jeder Tante Emma Laden vor 30 Jahren nur träumen konnte. Jeder Einkäufer kann heute mit ein paar Klicks nachvollziehen, wo sich sein Päckchen gerade befindet. Und die Industrie konnte in den vergangenen Jahrzehnten ihre Bestände im Verhältnis zum tatsächlichen Umsatz deutlich reduzieren. Ohne moderne IT-Systeme und effiziente Logistiknetzwerke wäre das undenkbar. Da kann ich dann auch das Wehklagen vieler Einzelhändler nicht nachvollziehen, die in den Innenstädten über zunehmenden Kundenschwund berichten. Die Lösung liegt doch auf der Hand - öffnet einen Onlineshop.
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